Kennst du das Gefühl, dass du noch eine App installierst, um deine Arbeit zu organisieren? Und dass du anschließend zwischen fünf verschiedenen Tools hin und her springst? Ich habe Tana drei Monate intensiv genutzt, um zu schauen, ob es wirklich diese ‚Alles-in-einem‘-Lösung ist, die es zu sein verspricht. Spoiler: es ist beeindruckend, aber nicht für jeden.
Tana: das Unternehmen
Tana wurde von Olav Sindre Kringlebotn und seinem Team gegründet, die zuvor hinter Workflowy standen – einem der ersten Outline-Tools, das wirklich populär wurde. Sie haben diese Erfahrung mitgebracht, wollten aber über einen einfachen Outliner hinausgehen.
Die Idee hinter Tana? Ein Tool, das sich an deine Denkweise anpasst, anstatt umgekehrt. Keine Seiten, die du erstellen musst. Keine strikten Datenbankstrukturen, durch die du dich kämpfen musst. Einfach tippen, taggen und wachsen lassen.
Was Tana wirklich anders macht, ist ihr Fokus auf ‚Supertags‘ – eine Art Hybrid zwischen Tags und Datenbanken. Klingt abstrakt? Das ist es auch ein bisschen. Aber wenn du es einmal verstehst, ist es eigentlich brillant. Das Unternehmen befindet sich noch in einer ziemlich frühen Phase, hat aber bereits eine ziemlich loyale Community von Power-Usern aufgebaut.
Für wen ist Tana eigentlich?
Lass mich ehrlich sein: Tana ist nichts für Anfänger. Wenn du gerade erst mit digitaler Organisation anfängst, wirst du dich verirren. Wirklich.
Dieses Tool ist für Menschen gemacht, die bereits die Notion-Phase hinter sich haben. Für die, denen Obsidian zu basic ist. Für Berater, die Projekte, Kunden und Notizen miteinander verknüpfen wollen, ohne alles manuell strukturieren zu müssen. Für Forscher, die einen Knowledge Graph aufbauen wollen, ohne dafür ein IT-Studium absolvieren zu müssen.
Denk an: Produktmanager, die Features, Bugs und Meetings miteinander verbinden wollen. Schriftsteller, die Charaktere, Handlungsstränge und Recherche-Notizen untereinander referenzieren wollen. Studenten, die Literatur, Vorlesungen und Essay-Ideen in einem System haben wollen.
Wähle Tana NICHT, wenn du nur eine To-Do-Liste willst. Oder wenn du etwas suchst, das „einfach funktioniert“ ohne Anleitung. Oder wenn dein Team nicht technisch versiert ist – denn deinen Kollegen zu erklären, wie das funktioniert, wird ein eigenes Projekt.
Features von Tana
Okay, jetzt der interessante Teil. Was kannst du eigentlich damit machen?
- Supertags – Das ist das Herzstück von Tana. Anstatt nur einen Tag hinzuzufügen, machst du jede Notiz zu einem strukturierten Objekt. Taggst du etwas als „Buch“, kannst du automatisch Felder wie Autor, Veröffentlichungsdatum und Bewertung hinzufügen. Es fühlt sich an wie eine Datenbank, aber ohne die starre Struktur. Du kannst buchstäblich jede Notiz in einen Datenbank-Eintrag verwandeln.
- Knowledge Graph – Alle Verbindungen zwischen deinen Notizen werden visuell dargestellt. Klick auf ein Konzept und du siehst sofort, welche anderen Notizen darauf verweisen. Es ist bidirektional, wenn du also A mit B verlinkst, sieht B das auch automatisch. Praktisch, wenn du Muster in deinem Denken oder deiner Forschung entdecken willst.
- AI Meeting Agent – Nimm an einem Meeting teil und Tana transkribiert und fasst zusammen. Es erstellt automatisch Action Items und verlinkt sie mit relevanten Projekten. Ich nutze das für Kundengespräche und es spart mir mindestens eine halbe Stunde Arbeit pro Meeting. Die Transkription ist überraschend genau, auch mit durcheinander gemischtem Deutsch.
- Live Search – Das sind dynamische Views, die sich automatisch aktualisieren. Erstelle ein Dashboard mit „alle Aufgaben dieser Woche“ oder „alle Notizen über Kunde X“ und es hält sich selbst auf dem neuesten Stand, während du arbeitest. Kein manuelles Ziehen und Ablegen nötig.
- Daily Notes – Jeden Tag eine frische Seite, wo du schnell Dinge notieren kannst. Es klingt einfach, aber die Stärke liegt darin, wie leicht du Dinge aus deiner Daily Note taggen und strukturieren kannst. Sie wird zu deinem zentralen Posteingang.
- Tana Capture – Die mobile App ist bewusst einfach gehalten. Du kannst schnell eine Notiz, ein Foto oder ein Voice Memo hinzufügen, die dann in deinem Posteingang landen. Nicht mehr, nicht weniger. Für die echte Arbeit gehst du zum Desktop.
Diese Supertags verdienen noch etwas extra Aufmerksamkeit. Denn hier ist Tana wirklich anders als Notion oder Obsidian. In Notion erstellst du eine Datenbank und fügst dort Items hinzu. In Tana taggst du einfach einen Bullet Point, und dieser Bullet Point IST jetzt ein Datenbank-Item. Es klingt wie ein subtiler Unterschied, aber in der Praxis ist es enorm befreiend.
Stell dir vor: du schreibst in deine Daily Note „Meeting mit Jan über neues Projekt“. Du taggst „Jan“ als Person und „neues Projekt“ als Projekt. Automatisch erscheint diese Notiz jetzt in Jans Profil UND in der Projekt-Übersicht. Keine zusätzlichen Schritte. Kein Copy-Pasten. Es wächst organisch mit deiner Arbeit mit.
Tana Preis
Hier wird es interessant. Tana hat einen kostenlosen Plan, aber der ist ziemlich begrenzt. Du bekommst 500 KI-Credits pro Monat (genug für etwa 5-10 Meetings), maximal 3 zusätzliche Workspaces, keinen API-Zugang und keine Google Calendar Synchronisation.
Für den ernsthaften Einsatz benötigst du Plus oder Pro. Plus kostet $1 pro Monat (oder $1 pro Monat bei jährlicher Zahlung, also $1 pro Jahr). Pro kostet $1 pro Monat, oder $1 pro Monat bei einem Jahresabo von $1.
Es gibt auch eine 14-tägige Testversion, sodass du es ausprobieren kannst, bevor du zahlst.
Ist es das wert? Das hängt davon ab, was du damit ersetzt. Wenn Tana dein Notion ($1), Obsidian Sync ($1) und ein Transkriptions-Tool ($1) ersetzt, dann sind $1 pro Monat eigentlich ein Schnäppchen. Aber wenn du einfach nur eine Notiz-App suchst, ist es teuer. Richtig teuer.
Für deutsche Nutzer fühlt sich das Preisschild durch den Dollarkurs extra heftig an. Rechne mit etwa €13-17 pro Monat je nach Wechselkurs. Das ist mehr als Netflix. Für eine Notiz-App.
Worauf solltest du achten?
Okay, nun zu den Dingen, die mich frustrieren. Denn die gibt es definitiv.
Erstens: diese Lernkurve. Ich musste buchstäblich stundenlang YouTube-Tutorials schauen, bevor ich verstanden habe, wie Supertags wirklich funktionieren. Die erste Woche dachte ich ständig „warum ist das so kompliziert?“ Es ist nicht intuitiv. Du musst Zeit investieren.
Die mobile App ist enttäuschend basic. Du kannst nur Dinge erfassen, nicht wirklich arbeiten. Willst du unterwegs mal eine Notiz ausarbeiten oder ein Dashboard checken? Vergiss es. Du bist an deinen Laptop gebunden. 2025 fühlt sich das einfach veraltet an.
Dann der Preis. Ja, ich habe es schon erwähnt, aber es bleibt ein Schmerzpunkt. $1 pro Monat für Pro ist einfach viel Geld. Besonders wenn du gerade anfängst und noch nicht weißt, ob du es nutzen wirst. Die kostenlose Version ist zu begrenzt, um wirklich zu testen, und dann bist du also an diese zweiwöchige Testversion gebunden.
Kleine Ärgernisse: der Offline-Modus funktioniert nur für persönliche Workspaces. Arbeitest du mit einem Team zusammen? Dann musst du online sein. Sitzt du im Zug ohne WLAN? Pech gehabt.
Und obwohl Tana sagt, dass du Daten nach JSON und Markdown exportieren kannst, ist das nicht so plug-and-play wie du hoffen würdest. Der Export ist technisch, nicht benutzerfreundlich. Wenn du jemals zu einem anderen Tool wechseln möchtest, wird das ein Projekt.
Was finden andere?
Die Community ist gespalten, aber enthusiastisch. Power-User sind begeistert davon. Sie nennen die Supertags „revolutionär“ und finden, dass die KI-Integration „natürlich anmutet“. Viele Leute sagen, dass Tana für sie sowohl Notion als auch Obsidian ersetzt hat.
Aber es gibt auch viel Kritik. Die mobile App wird ständig als größter Minuspunkt genannt. Die Leute finden es frustrierend, dass sie unterwegs so wenig machen können. Auch die Lernkurve kommt immer wieder vor – „erfordert stundenlange Einarbeitung“ ist eine wiederkehrende Beschwerde.
Was auffällt: fast niemand ist neutral gegenüber Tana. Du findest es entweder großartig oder viel zu komplex. Dazwischen gibt es wenig. Das sagt eigentlich schon genug darüber aus, für wen dieses Tool gedacht ist.
Tana Alternativen
Passt das nicht ganz? Diese Tools sind auch eine Überlegung wert:
- Notion – Hat eine traditionellere Datenbank- und Wiki-Struktur. Wähle das, wenn du lieber mit Seiten und Blöcken arbeitest als mit einem endlosen Outliner. Notion ist benutzerfreundlicher und hat bessere Templates, aber vermisst die Flexibilität von Supertags.
- Obsidian – Speichert alles lokal in Markdown-Dateien. Wähle das, wenn du vollständige Kontrolle über deine Daten willst und lieber offline arbeitest. Es ist günstiger (oder sogar kostenlos), aber vermisst die erweiterten Datenbank-Funktionen und AI-Integration.
- Roam Research – Einfacher und rein auf Netzwerk-Denken mit bidirektionalen Links fokussiert. Wähle das, wenn du die komplexen Datenbank-Funktionen von Tana nicht brauchst und rein zwischen Notizen verlinken willst. Es ist weniger überwältigend, aber auch weniger mächtig.
Häufig gestellte Fragen
Hat Tana einen Offline-Modus?
Ja, aber mit einer Einschränkung. Die Desktop-App funktioniert vollständig offline für deine persönlichen Workspaces. Alles was du offline machst, synchronisiert sich, sobald du wieder eine Verbindung hast. Aber wenn du in geteilten Workspaces zusammenarbeitest, musst du online sein. Das ist schade, denn gerade für Teamwork wäre offline arbeiten praktisch.
Kann ich meine Daten exportieren?
Ja, Tana lässt dich nach JSON und Markdown exportieren. Aber erwarte keinen schönen, lesbaren Export wie du ihn von Notion kennst. Es ist eher ein technischer Dump deiner Daten. Wenn du jemals zu einem anderen Tool wechseln möchtest, musst du da noch etwas Arbeit reinstecken, um es brauchbar zu machen.
Ist eine mobile App verfügbar?
Ja, Tana Capture ist für iOS und Android verfügbar. Aber es ist bewusst begrenzt gehalten. Du kannst schnell Notizen, Fotos und Sprachmemos hinzufügen, die in deiner Inbox landen. Für die echte Arbeit – wie das Strukturieren deiner Notizen oder das Betrachten von Dashboards – musst du zu deinem Laptop. Das ist eine bewusste Entscheidung von Tana, aber frustrierend, wenn du an vollständige mobile Apps gewöhnt bist.
Fazit
Tana ist beeindruckend, aber nicht für jeden. Wenn du ein Power-User bist, der über Notion hinausgewachsen ist und Obsidian zu simpel findet, dann ist das dein Tool. Die Supertags sind wirklich next-level, wenn du einmal durch die Lernkurve durch bist.
Aber bist du noch nicht so weit? Dann fang nicht mit Tana an. Wirklich nicht. Du wirst dich nur frustrieren. Starte mit Notion oder Obsidian, lerne dort die Grundlagen, und komm dann zu Tana zurück, wenn du an Grenzen stößt.
Für mich persönlich? Ich nutze Tana jetzt für all meine Kundenprojekte und Research. Es hat tatsächlich mein Notion- und Obsidian-Setup ersetzt. Aber mir fehlt noch immer eine bessere mobile App. Und ich finde den Preis etwas hoch für das, was man bekommt.
Mein Rat: Nimm die zweiwöchige Testphase, folge ein paar YouTube-Tutorials und gib ihm eine faire Chance. Aber geh nicht gleich für ein Jahresabo. Denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass du nach einer Woche denkst „das ist nichts für mich“ – und das ist völlig okay.






